Wie alles begann und warum Make-up Artist

So fing das alles an...

Finanzwirtin. Japp... ich bin gelernte Finanzwirtin. Glaubt es oder nicht. Ich habe 15 Jahre lang für unser Land im Finanzamtsbüro gearbeitet und Steuern "eingetrieben". Schon gut. Ist vielleicht nicht die beste Werbung für meine Person. Heute arbeite ich auch noch für unser Land und bezahle meine Steuern... aber das würde jetzt zu weit führen ;-)

 

Schon damals brannte in mir der Wunsch etwas Eigenes, Kreatives aufzubauen. Aber einen Beamtenjob gibt man doch nicht einfach auf!?! So zumindest die Meinung des Großteils meines Umfeldes. Der Traum, beruflich etwas Anderes zu machen war groß und ich steckte dieses innerliche Brennen einige Jahre zurück, verkaufte hier und da nebenberuflich im Direktvertrieb Make-up und Schmuck und suchte immer wieder nach neuen Möglichkeiten mich selbst zu verwirklichen. Am Ende war es soweit, dass ich keine Kraft mehr hatte aufzustehen, zu essen oder meiner regulären Arbeit nachzugehen. Ich wollte einfach nicht wahr haben, dass ich mich damit abzufinden hatte, einen trockenen Bürojob auszuüben. Zack - ab zum Psychiater! Der letzte Versuch, weil es ja durchaus sein konnte das irgendwas mit meinem Kopp nicht stimmte - ich weiss, es glauben heute mehr Menschen denn je das es tatsächlich so ist - aber heute fühle ich mich großartig mit meiner Beklopptheit. Also ging ich Hand in Hand mit meinen Eltern und meinen 30 Lebensjahren zum Psychiater. Ich war mit meinen Auswegen am Ende, doch meine Eltern standen schon damals immer hinter mir und haben mich unterstützt. Der gute Psycho-Klempner meinte ich solle mir doch einen Mann suchen und ein paar Kinder kriegen, mir würde es doch toll gehen mit meinem Beruf. Selbst meine Eltern hakten ein und stellten klar, dass das nicht das sei was ich wolle und das sie in jeder Entscheidung die ich treffe hinter mir stehen - ein tolles Gefühl!

Nach einem mehrmonatigen Prozess verwirrter Gedanken, unendlich vieler Tränen und nahezu gnadenloser Ausweglosigkeit war es eine beste Freundin die zu mir sagte, dass es so ja nu nicht weiter gehen könne und mich fragte wofür ich mich denn eigentlich wirklich interessiere. Unter Tränen gestand ich ihr das ich Make-up und Mode mag und so führten mich ihre Fragen Schritt für Schritt an meinen neuen, großartigen Berufswunsch heran: ICH WERDE MAKE-UP ARTIST IN DER KREATIVSTEN UND VERRÜCKTESTEN STADT DEUTSCHLANDS! BERLIN ICH KOMME! MEIN KIND DU BIST VERRÜCKT - DU MUSST NACH BERLIN!

Ich plante, rechnete und kündigte meinen Job beim Finanzamt - die Beamten geschockt! Hier hatte noch nie jemand gekündigt. Tolles Gefühl für mich aber gleichzeitig spielte eine riesige Portion Angst eine Rolle. Ich hab mit 16 Jahren beim Finanzamt angefangen, bin wohlbehütet aufgewachsen, zur Schule gegangen und hatte die meiste Zeit meines Lebens im schönen Sauerland gewohnt. Stadtleben? Kannte ich nur wenn ich in Dortmund mal wieder in den Cocktailbars Bier getrunken hatte. 

 

Die Ausbildung zum Make-up Artist ist teuer, währenddessen würde ich kaum Zeit haben nebenher noch Geld zu verdienen. Also nahm ich für Ausbildung und Lebenshaltungskosten einen riesen Kredit auf und innerhalb von 2 Monaten packte ich meine Sachen, nahm die zweitbeste Wohnung in Berlin (in der erstbesten hing die Heizung schräg von der Wand, das Waschbecken war gesprungen und das Klo schwarz im Abfluss - ich war begeistert aber meine Eltern legten Veto ein - ok ich war blind vor Glück) und zog um. 

In der  Wohnung neben meiner prügelten sie sich jeden Abend, über mir war eine psychisch sehr sehr kranke Dame untergebracht und oben im Haus ein zwielichtiger Hotelgeldwäschebetreiber. Ich mittendrin. Ohne Bekannte. Ohne Freunde. In Berlin.

 

Die Ausbildung zum Make-up Artist war interessant und erfüllend. Trotz Allem glaube ich, dass ein ausserordentliches Engagement, Kreativität, harte harte Arbeit und permanentes Lernen unerlässlich sind, um gerade in diesem Bereich erfolgreich zu werden. Die Jobs rasselten nicht so rein - ich putzte Klinken. Nahm Messejobs und kleine Verkaufsjobs im Kosmetikbereich an. Für zumeist sehr wenig Geld als Selbständige. Bis mir ein erstes Shopmanagement angeboten wurde - eine tolle Kosmetikfirma aus London. Zu der Zeit arbeitete ich noch... sagen wir unerfahren. Sehr unerfahren. Meine fertig geschminkten Kundinnen sahen nach meinem Eingriff oftmals aus wie Eulen, Drogenabhängige oder ein Grippalinfekt persönlich. Ich lernte von der Pike an verschiedene Gesichter, Augen, Hauttypen zu schminken, zu stylen und die unterschiedlichsten Konsistenzen nahezu aller großen Make-up Marken korrekt und innovativ zu verwenden. Unterlagen, Bestellungen, Mitarbeiterschulungen, Verkauf und Organisation gehörten zu meinen täglichen Aufgaben. Auch Jahre später - übernahm ich Aufgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz einer neuen französischen Make-up Firma im Luxussegment. Ich reiste, schulte, verkaufte, plante und arbeitete mit Fotografen und auf Fashionshows. Dann endlich konnte ich auch in eine größere, schönere und ruhigere Wohnung in einer schöneren Gegend umziehen.

Doch auch hier kam ich irgendwann an den Punkt wo es nicht weiter ging - wo ich mich gefangen und ausgenutzt fühlte und mir der Gedanke kam, dass ich all das Engagement und die viele Arbeit, mein Talent und meine Verrücktheit in mein eigenes Studio investieren könnte. Wieder mal fing ich von vorne an. Ich schrieb meinen Businessplan, überlegte mir wie ich mich von anderen Artists unterscheiden könne, riss von jetzt auf gleich mein Schlafzimmer ab und baute es zu einem kleinen Make-up Studio um.

3 Arbeitsplätze, eine Foto-Leinwand und Pinsel & Make-up ohne Ende zierten nun die heiligen Hallen. Sagen wir das heilige Zimmer. Es war klein aber mein. Ich hatte gerade erst meinen Kredit fast getilgt, den ich über Jahre für meine Ausbildung in Berlin abbezahlt hatte und stockte ihn nun für ein paar Anschaffungen wieder auf - mit Unterstützung des Staates zur Existenzgründung konnte es los gehen. Ich sage Euch, die erste Buchung über meine Website war ein Herzaussetzer-Moment. Pure Freude. Es war nicht leicht. In manchen Monaten bestand das Abendessen aus Nudeln mit Butter. Aber aufgrund der Kombination aus Fotografie und Make-up Kunst, konnte ich mir einen neuen Kundenstamm aufbauen und mein kleines Schlafzimmer-Unternehmen um Microblading erweitern. Es lief. Es war aufregend, wieder eine neue Erfahrung die sehr befreiend von einer Enge war in der ich nicht mehr sein wollte! Ich hab mich noch nie so frei und glücklich gefühlt wie jetzt. Klar gab es schlaflose Nächte weil ich nicht wusste ob ich morgen Katzenfutter zum Frühstück essen musste oder mir doch ne Schrippe (Berlin: Brötchen) leisten konnte. Aber es ging ruck zuck bergauf, die Jobs und die Nachfragen häuften sich. Und dann kommt mein damaliger Klassenkamerad daher (wir hatten uns über 20 Jahre nicht gesehen) und will mich zurück ins Sauerland holen. Ich dachte nur "ECHT JETZT"? Da ackerst du dir den Arsch ab, baust Dir hier Kunden- und Hotel- und Unternehmenskontakte auf, um ins kleine, verschlafene Sauerland zurück zu gehen? Ja, ich hab geheult. Wie damals. Ich wollte nicht weg aus meinem Berlin, wollte nicht alles was ich aufgebaut hatte zurück lassen. Meine knatschenden Dielenböden (gut, die gab es schon vorher). Meine hohen Wände. Dit berliner Jeschnacke. Meine berliner Freunde. MEINE BERLINER KUNDEN. Wieder vor vorne anfangen??? 

 

Wir haben geheiratet, ich lebe wieder in Neheim, dort wo alles angefangen hat, habe ein wunderschönes Kosmetik- und Fotostudio in dem ich die kreativen Wände wackeln lasse und: ICH HABE UNGLAUBLICH VIELE TOLLE KUNDEN! Es ist als wenn das Sauerland auf einen Make-up Artist gewartet hat. Nix verschlafen. Die Menschen hier wollen. Sie wollen tolle Bilder, tolle Make-ups, tolle Augenbrauen. Sie wollen Neues ausprobieren. Sie WOLLEN! Und ich hab JA gesagt. 

 

Klingt als sei es ein langer Weg gewesen um endlich glücklich sein zu können. Der Weg war lang und nicht einfach. Aber all diese Erfahrungen waren wichtig um heute das machen zu dürfen was ich liebe. 

 

Dafür bin ich unglaublich Dankbar. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Bettina Barth (Dienstag, 23 Januar 2018 14:32)

    WOW!
    ich liebe, wie du schreibst, dass war schon immer so und wird auch immer so bleiben...
    ausserdem warst du schon immer vielseitig, talentiert und bekloppt, liebe pami❗️❗️❗️

    schön dich wieder hier zu haben�

    glg die betty��

  • #2

    Sonja (Dienstag, 23 Januar 2018 20:24)

    Liebe Pami :)
    Eine bewegte und bewegende Geschichte, die mich ein klein wenig an meine eigene erinnert :)
    Wer das tut, wofür er bestimmt ist, der MUSS erfolgreich sein !:)
    Weiter so!!

    LG Sonja Werthschulte �

  • #3

    Alexandra Dörr (Donnerstag, 08 Februar 2018 20:29)

    Es wird immer wieder Tage...Wochen geben in denen du vielleicht glaubst immer noch nicht " erfüllt " zu sein vlt. nicht angekommen zu sein.Aber ich glaube das du auch dann wieder die Kraft und den sturen aber auch klaren Kopf haben wirst sehen zu können wieviel du geschafft hast und wieviel Liebe dich eigentlich umgibt!Bleib so wach und offen wie du bist.Dein Weg hat schon in ein tolles Ziel geführt �

© PAM ROXWELL FOTOGRAFIE - NRW


PAM ROXWELL FOTODESIGN

Alscherstr. 37

59757 Arnsberg

 

Partner